„Assistantes allemandes“ an französischen Schulen

 

 

 

Johanna mit der Seconde

 

 

Johanna, Patricia, Kelly (eine Kanadierin)

 

Johanna Zimmermann und Vera Beste (beide ABI 07) arbeiten zur Zeit als „assistantes allemandes“ an französischen Schulen. Vera verbringt ein Jahr in Valenciennes, Johanna ein Schuljahr an unserer Partnerschule Institution Saint-Jean in Douai. Beide sind erst seit kurzer Zeit in Frankreich.

 

Wir möchten uns mit Johanna darüber unterhalten, wie sie den Einstieg in das Jahr im Nachbarland erlebt. Am Ende des Schuljahres, im Sommer 2008, werden wir uns wieder an Vera und Johanna wenden. Dann mit der Bitte, ein Resümee zu ziehen.
 

1. Johanna, seit wann bist du in Douai? Wann hast du die Entscheidung getroffen, nach Douai zu gehen? Wie hast Du dich auf deinen Auslandsaufenthalt vorbereitet?

 

Ich bin seit dem 2. September hier in Douai, also nun schon seit vier Wochen. Ich arbeite aber erst seit drei Wochen in der Schule. Die erste Woche war ein bisschen langweilig, aber auch ganz gut um sich einzuleben und um die anderen „assistantes“ kennenzulernen.
Für mich stand schon ziemlich lange fest, dass ich ein Jahr im Ausland verbringen möchte. Im Schulunterricht lernt man Grammatik und analysiert Texte, aber alltägliche Gespräche gibt es weniger. Natürlich ist dies im Rahmen von Schule auch gar nicht möglich. Ich habe mich dann für Frankreich entschieden, weil ich die Sprache sehr mag und auch gerne meine Ferien in Frankreich verbringe (Studienfahrt nach Cannes, Bretagne, Paris etc.). Weiterhin habe ich am Austausch mit unserer Partnerschule hier in Douai teilgenommen und es hat mir gut gefallen.
Um mich auf den Aufenthalt hier vorzubereiten bin ich im Juli schon einmal nach Douai gefahren. Ich hatte Zeit, das Appartement kennenzulernen und mich in Douai ein bisschen umzuschauen. Außerdem habe ich die Bekanntschaft von Madame Meurisse, der „maman des assistantes“, gemacht, Frau Meurisse betreut die Assistentinnen.

 

2. Gab es zu Beginn des Aufenthaltes besondere Probleme? Wie hast du sie gelöst?

 

Richtige Probleme gab es eigentlich nicht, nur kleine Schwierigkeiten, die man am Anfang öfter hat. Natürlich war es zuerst ein bisschen schwer sich in der Schule zurechtzufinden, denn die Schule ist wirklich groß, vor allem im Gegensatz zu unserem Gymnasium. Auch die Kommunikation unter uns „assistantes“ war ein bisschen holperig, aber es wird von Tag zu Tag besser.

 

3. Welche Aufgaben hat eine „assistante“? Kannst du einen typischen Tagesablauf beschreiben?
 

Eine „assistante“ unterrichtet gemeinsam mit einem Deutschlehrer oder übernimmt alleine kleinere Gruppen von Schülern. Pro Woche unterrichtet man normalerweise zwölf Stunden. Für mich waren es diese Woche vierzehn Stunden. Im Gegensatz zu den anderen beiden „assistantes“ habe ich einen festen Stundenplan. Das ist vorteilhaft, denn so kann ich auch Französischstunden mit einplanen, um mein Französischkenntnisse zu verbessern (denn das ist der Grund, warum ich hier bin). Als „assistante“ kann man also auch an anderen Unterrichtsstunden teilnehmen, z.B. Englisch, Französisch etc..
Weiterhin werde ich ab dem 3. Oktober im Maison de L’Europe arbeiten. Das ist eine Abendschule für Erwachsene. Ich verdiene dort ein zusätzliches Taschengeld und kann gratis einen Französischkurs belegen.
In meiner Freizeit mache ich Leichtathletik oder fahre mit den anderen beiden „assistantes“ nach Lille, Arras, Lens oder in eine andere Stadt der Region. Wir wollen auch noch nach London und Paris fahren.
 

4. Vor wenigen Monaten warst du noch Schülerin. Jetzt erlebst du Schule aus einer anderen Perspektive einer Lehrenden. Was hat dich überrascht? Sind französische SchülerInnen anders als deutsche SchülerInnen?
 

Ich merke nun wie nervig es ist, wenn die Schüler die ganze Zeit „quatschen“. Man bereitet etwas vor, gibt sich wirklich Mühe und die Schüler hören nicht zu.
Ich muss zugeben, dass ich als Schülerin selber gerne und viel im Unterricht „geschwätzt“ hab. Man denkt sich gar nichts dabei, aber für den Lehrer ist das echt nervig.
Ja, es gibt einen Unterschied zwischen deutschen und französischen SchülernInnen: die deutschen Schüler sind wesentlich besser in Fremdsprachen als die französischen SchülerInnen. Wirklich!!!
 

5. Saint-Jean ist eine große Schule. Wie findest du dich zurecht? Hast du Ansprechpartner?
 

Wie ich schon gesagt habe, war es am Anfang ein bisschen schwer sich zurechtzufinden. Ich habe zwar am ersten Tag eine Schulführung bekommen, aber so schnell kann man sich nicht alles merken.
Aber nun bin ich ja schon vier Wochen hier und ich kenne alle Räume, die ich kennen muss.
Unsere Ansprechpartnerin hier ist Mme Meurisse, „la maman“. Man kann wirklich sagen, dass sie unsere Mama ist. Sie kümmert sich einfach um alles. Ohne sie wäre das Leben hier um einiges schwieriger.
 

6. Wie viele „assistant(e)s“ sind mit Dir gemeinsam in Douai?
 

Ich wohne hier zusammen mit zwei anderen „assistantes“. Die eine ist Engländerin. Sie heißt Jaime und ist 22 Jahre alt. Sie hat in Oxford Jura studiert und hat ihr Studium bereits beendet.
Patricia ist Spanierin. Sie ist schon 29, also schon zehn Jahre älter als ich. Wir drei verstehen uns aber trotz aller Unterschiede sehr gut.
 

7. Wo und wie bist du in Douai untergebracht? Wie wirst du verpflegt?
 

Ich wohne in einem großen und wirklich sehr modern eingerichteten Appartement ganz in der Nähe der Schule. Auch der Bahnhof und das Stadtzentrum sind in zwei Minuten zu Fuß zu erreichen.

In dem Appartement gibt es einen großen gemeinsamen Bereich, aber jeder hat auch sein eigenes Zimmer, wenn er sich mal zurückziehen möchte. Wir haben hier alles was wir brauchen, sogar eine Waschmaschine. Essen können wir in der Schule. Frühstück, Mittagessen, Abendessen, alles ist für uns umsonst. Allerdings bevorzuge ich es abends im Appartement zu essen, weil mir zwei warme Mahlzeiten einfach zu viel sind (und weil es abends so oft Pommes gibt). Die Mahlzeiten sind wirklich großzügig: es gibt immer ein großes Salat- und Nachtischbuffet und man kann jeweils zwischen zwei Mahlzeiten wählen (und das Beste: das Essen wird einem sogar an den Tisch gebracht).
 

8. Welche Erfahrungen hast du mit den an der Schule gelernten Französisch-Kenntnissen gemacht? Wirst du in irgendeiner Form deine Deutschkenntnisse auch außerhalb des Schulbereichs anwenden können?


Ich komme mit meinem „Schulfranzösisch“ hier ziemlich gut klar. Natürlich gibt es manche Vokabeln, die fehlen, wenn man über alltägliche Dinge spricht (z.B. Kartoffeln schälen), aber ich kann mich gut verständigen und wenn die Franzosen nicht allzu schnell sprechen, verstehe ich auch fast alles. Außer in der Schule und im „Maison de l’Europe“ kann ich meine Deutschkenntnisse nicht anwenden, aber das ist auch gut so, denn ich möchte möglichst viel Französisch sprechen.
 

9. Stell Dir vor, Freundinnen und Freunde besuchen dich in Douai. Könntest du sie schon jetzt zu einem kleinen Stadtrundgang einladen?
 

Ja, das könnte ich. Mein Freund hat mich hier besucht und ich habe ihm schon einige Sachen gezeigt, z.B. den „Palais de la Justice“, den „Beffroi“, und die „Scarpe“. Die „Scarpe“ ist der Fluss, der durch Douai fließt. Hier kann man z.B. eine Bootstour machen. Leider war das Wetter bisher noch nicht schön genug dafür, aber ich habe ja noch ein paar Monate Zeit.
 

10. Was hat Dir bisher besonders gefallen, was war gewöhnungsbedürftig?
 

Besonders gut gefällt mir unser großzügiges Appartement. Es ist nicht schwer sich darin wohl zu fühlen.  Auch die Arbeit mit den Schülern macht mir sehr viel Spaß, auch wenn es natürlich ein paar nervige Schüler gibt. Gewöhnungsbedürftig sind die Podeste, die in einigen alten Klassenräumen noch existieren. Ich mag es nicht besonders darauf zu stehen und „auf die Schüler herunterzuschauen“. Da ist es doch besser mit ihnen auf einer Ebene zu sein, dadurch entsteht eine angenehmere Atmosphäre. Ebenfalls ist es ein etwas seltsames Gefühl, Schüler zu unterrichten, die gerade mal ein bis zwei Jahre jünger sind als ich. So hatte ich z.B. eine Schülerin im Unterricht, die zur gleichen Zeit wie ich am Austausch teilgenommen hat.  Außerdem lerne ich ein Mal pro Woche mit Arthur (er hat ein Jahr an unserem Gymnasium in Meschede verbracht) für ein Zertifikat.


Insgesamt kann ich also sagen, dass es mir hier bis jetzt gut gefällt und ich hoffe, dass das auch so bleibt.
 

Das Interview führte Hans-Jürgen Friedrichs.

 

 

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